Viel diskutierte Ausstellung im Leopold Museum

Große Museumsschau über männliche Nacktheit in Wien

Umstrittenes Postermotiv: AP Photo/Ronald Zak. By: George Jahn, Associated Press

Nackte Männer in allen Größen und Formen pflastern die Straßen von Wien, denn das Leopold Museum zeigt gerade eine Ausstellung über männliche Nacktheit: „Nackte Männer - von 1800 bis heute“ - zu sehen bis zum 28. Januar 2013.

Die Ausstellung untersucht, wie Künstler mit diesem Thema im Lauf der Jahrhunderte  umgegangen sind. Doch nach vielen Beschwerden mussten die Organisatoren eine Verschleierungsaktion starten. "Mr. Big" – ein vier Meter großes Foto, befestigt auf einer Sperrholzplatte, eines träge lümmelnden jungen Mannes – ist außen am Eingang zur Ausstellung platziert, damit Besucher nicht im Zweifel gelassen werden, was in der Schau zu sehen ist. Rund 300 Kunstwerke sind zu sehen – auch das Plakatmotiv, das den Zorn der Wiener erregt hatte. Die Fotografie "Vive La France" der französischen Künstler Pierre & Gilles zeigt drei junge athletische Männer unterschiedlicher Ethnien, bekleidet nur mit blauen, weißen bzw. roten Fußballsocken und Fußballschuhen.

Ilse Haider, Mr. Big, Installation im Innenhof des MuseumsQuartiers, 2012 © Courtesy Galeie Steinek, Wien

Im Museum selbst beschwerte sich niemand über das Foto und alle anderen bildlichen Beispiele männlicher Nacktheit, darunter auch sexuelle Szenen. „Ich habe schlimmeres im TV-Spätprogramm gesehen“, sagte ein 27-jähriger Besucher. Im öffentlichen Raum sehen die Reaktionen anders aus. Den drei Männern auf den Postern wurden improvisierte Feigenblätter verpasst – Klebestreifen, die den Intimbereich abdecken. Die Beschwerden kamen für die Verantwortlichen des Museums völlig überraschend. Wien ist bekannt für seine Freizügigkeit der Jahrhundertwende, die es Künstlern wie Egon Schiele und Gustav Klimt erlaubte sich frei zu entfalten. Und  in heutiger Zeit herrscht eine allgemeine Akzeptanz von freizügigen Darstellungen von Nacktheit in der Öffentlichkeit, Unterwäsche-Werbung ist häufig anzüglich und eine bekannte Zeitung zeigt täglich wechselnde Bilder halbnackter Frauen. Die Akzeptanz in der Darstellung von männlicher Nacktheit scheint dagegen weniger groß zu sein. Die Museumsverantwortlichen sagten, eine Welle von Beschwerden hätte sie erreicht, vor allem aus den Stadtvierteln, die von muslimischen Bürgern bewohnt seien. Auch vor einer Schule wurde ein Poster nach Elternbeschwerden entfernt.

Museumsdirektor Tobias Natter fasste die Aufregung mit der Bemerkung zusammen, dass „niemand sich von nackten Frauen gekränkt fühle, aber von nackten Männern: Ja“.

 

Bruce Nauman, Untitled (Five Marching Men), 1985 © Friedrich Christian Flick Collection / VBK Wien 2012

Paul Cézanne, Sieben Badende, um 1900 © Fondation Beyeler, Riehen/Basel