Ausstellung zum Kulturjahr China in Deutschland 2012

Zeitgenössische chinesische Kunst in öffentlichen Räumen in Kassel

Eine Skulptur aus der Reihe «Fix» des chinesischen Künstlers Mou Baiyan. Foto: Uwe Zucchi

Ameisen aus schillerndem Stahl bahnen sich ihren Weg die Treppenstraße in Kassel hinauf und ein überdimensionaler, nackter Mann auf einer Leiter schaut zum Fenster der Neuen Galerie herein.

Dies sind nur zwei der chinesischen Kunstwerke, die das Bild der nordhessischen Stadt bis zum 18. Februar 2013 prägen werden. Auf der Ausstellung unter dem Motto «Alles unter dem Himmel gehört allen» sind 19 chinesische Künstler vertreten. «Das ist die größte Ausstellung zeitgenössischer chinesischer Künstler im öffentlichen Raum außerhalb von China», sagt einer der Kuratoren, Klaus Siebenhaar. Die Schau sei ein großes interkulturelles Lern- und Lehrstück.

Kurz nach dem Ende der Documenta stehen nun in Kassel filigrane Arbeiten - wie die Ameisen von Chen Zhiguang - wuchtigen Großinstallationen gegenüber, wie dem meterhohen Kriegerabbild des Künstlers Bi Heng. Der Transformer wurde aus Teilen chinesischer Militärlastwagen zusammengesetzt. Beinahe bedrohlich wirkend, thront er in der Mitte der Treppenstraße. «Nicht alles ist so eindeutig, wie es wirkt», sagt Siebenhaar. Die Skulpturen seien genauso von der jahrtausendealten Tradition Chinas geprägt, wie von den Einflüssen der modernen westlichen Welt. Die am Dienstag eröffnete Schau ist einer der Höhepunkte der Veranstaltungsreihe «Kulturjahr China in Deutschland 2012».

«Transformer» heißt die fast zehn Meter hohe, aus Teilen von Militärlastwagen gefertigte Figur des chinesischen Künstlers Bi Heng. Foto: Uwe Zucchi

Bei ihren Arbeiten haben sich die Künstler nach Angaben von Siebenhaar von Kassel als Grimm- und Documenta-Stadt inspirieren lassen. Auch die Zerstörung Kassels im Zweiten Weltkrieg spiegelt sich in einigen Werken wider. Von ihr und der Landschaft um Kassel ließ sich nach Angaben von Siebenhaar auch der Künstler Zhan Wang bei seiner Skulptur «Fallender Stein» inspirieren. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle Kunstwerke für die Ausstellung, die vom chinesischen Kulturministerium organisiert wurde, angefertigt.

Auch der chinesische Botschafter Shi Mingde wollte eigentlich beim Eröffnungsrundgang dabei sein. Vor dem Rathaus sah er sich allerdings mit Demonstranten konfrontiert, die wortlos Plakate mit dem Konterfei von Ai Weiwei in die Luft hielten. Die Bilder zeigten den chinesischen Künstler, der für freie Meinungsäußerung in seinem Land eintritt, mit zugeklebtem Mund. Nach wenigen Schritten an der Seite der Demonstranten durch Kassel verließ der Botschafter den Rundgang und nahm zusammen mit Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) das Auto, um einige der Kunstwerke zu besuchen. Bei der offiziellen Eröffnung der Ausstellung im Rathaus war Shi Mingde wieder dabei.

Die Demonstranten erklärten, die Schau sei kein Abbild freier Kunst aus China. Sie zeige lediglich Werke von Künstlern, die das Wohlwollen des chinesischen Staates gefunden hätten. Dennoch begrüßten die Demonstranten - die meisten selbst Künstler - die Ausstellung «Chinese Public Art» als Form der künstlerischen Auseinandersetzung.

Anders als der Botschafter hatten andere chinesische Besucher des Rundgangs offenbar kein Problem mit den friedlichen Protesten. Sie machten die Führung mit und hielten eifrig die Kunstwerke ihrer Landsleute mit der Kamera fest.

 

Zwei Männer verteilen Kieselsteine in der Installation «Yi-Garten» des chinesischen Künstlers Zhu Pei. Foto: Uwe Zucchi